Ob Hochsensibilität als Eigenschaft, Ausgrenzung oder Mobbing in verschiedenen Bereichen – Corinna Stremme, Autorin von „Nika sucht das Ich“ stellt sich in diesem Kurzinterview schweren Fragen. Vor einiger Zeit konnte ich außerdem hinter die Kulissen des Buches blicken.
Im Buch widmet ihr euch dem Thema Hochsensibilität. Was bedeutet das und auf welche Probleme stoßen Betroffene?
Hochsensibilität ist eine Eigenschaft, keine Diagnose. Wir sprechen nicht von einer Krankheit, aber einer Eigenheit, die von rund 15-20% der Menschen geteilt wird.
Im Idealfall bereitet, das keine Probleme – vorausgesetzt das Kind oder der Erwachsene hat ein achtsames Umfeld. Nika zum Beispiel fühlt sich mit ihrem hochsensiblen Vater zu Hause pudelwohl. Doch bei Oma im fremden Umfeld und in ihrer lauten Klasse stößt sie an ihre Grenzen. Zumal sie sich nicht wehrt und sich nicht mit anderen verbrüdert oder verschwestert.
Ein Pullover, der kratzt oder ein Etikett hat, laute Stimmen oder durcheinandergebrachte Stifte können gegebenenfalls unerträglich sein. Probleme gibt das erst, wenn das Umfeld unverständig ist, findet, das Kind könne sich gefälligst zusammenreißen oder wenn MitschülerInnen einem Mädchen wie Nika das Leben schwer machen, weil sie „anders“ ist.
Ausgrenzung ist ein weiteres, großes Thema. Hast du eigene Erfahrungen? Oder Tipps für andere die sich damit beschäftigen?
Ich kenne Ausgrenzung, als es noch Ausgrenzung hieß und nicht Mobbing. Ich habe da nicht mitgemacht. Ich fand es doof, wenn Mitschüler ausgeschlossen wurden. Eine meiner Töchter wurde gemobbt und hat sich freigestrampelt. Sie erinnert sich an die Zeit als die schlimmste ihres Lebens. Und als Lehrerin habe ich hart gekämpft Mobbingstrukturen zu durchbrechen. Ist gar nicht so einfach, wenn Dynamiken hinter dem Rücken der Lehrkräfte stattfinden und geschwiegen wird.
Mobbing bildet Themenschwerpunkt Nummer 3. Wie sind deine persönlichen Erfahrungen? Hast du auch hier Tipps zwecks Umgang?
Kinder und Erwachsene können daran zerbrechen. Zuweilen wird Mobben mit Hänseln verwechselt. Was das eine Kind als furchtbar empfindet, ist für das andere Kind nicht schlimm. Das Mobben dient einem anderen Ziel als das Hänseln und hat die Unterwerfung einer Person im Sinn. Es geschieht in der Regel im Verborgenen und hinter dem Rücken von Erwachsenen. Wer hänselt, handelt genau so wenig positiv motiviert wie die Person, die mobbt. Aber er oder sie bedient sich einer Hänselei, weil er oder sie es noch nicht besser weiß.
Der sogenannte Mobber nutzt Dynamiken, um eine Person zu degradieren. Jeannette Hellwig ist Mobbingpräventionstrainerin und kommt in „Nika“ zu Wort. Den einen Tipp gibt es nicht, weil Mobbing echt komplex ist. Aber sie empfiehlt: Nehmt alle Gefühle ernst: eure eigenen und die eures Kindes. Das finde ich gut und wichtig. Mein Tipp ist: Such dir Verbündete und beobachte, wem man sich neben Eltern und Lehrkräften anvertrauen kann. Wer schaut betroffen weg, wer kümmert sich gerne um andere?