Royal Flush
Die rote Lilie ist eine erfolgreiche Zockerin und gewinnt so ziemlich jedes Pokerspiel. Sie trägt dabei stets eine Maske und wirkt äußerst geheimnisvoll. Wer sie ist, weiß zunächst keiner. Bei einem ihrer Spiele kommt ein junger Mann hinzu, welcher ebenfalls eine Maske trägt und hier wendet sich das Blatt. Die rote Lilie verliert mehrere Spiele hinterher und fühlt sich nicht länger wohl. Der Fremde spricht sie immer wieder auf ihre Vergangenheit an und schließlich ist sie es die ihm hinterherrennt, um mehr zu erfahren.
(Inhaltsgabe entspricht dem Buchrücken. Rechte für den Text liegen bei der Autorin / Zeichnerin.)
Der Leser wird mitten in ein solches
Pokerturnier geworfen und bekommt eine geheimnisvolle Persönlichkeit serviert.
Dabei ist von der jungen Frau recht wenig zu sehen in Bezug auf ihre
Gesamterscheinung. Keine Frage, man sieht ihren gesamten Körper, aber aufgrund
der Maske kann man ihr nicht in die Augen schauen. Ihr Gesicht wirkt wie
versteinert und würde ich neben ihr sitzen wäre mir vermutlich sehr kalt. Als
der junge Mann hinzukommt, vermischt sich diese Kälte mit Unsicherheit und ich
erfahre, warum sie sich verhält, wie sie sich verhält.
Als Kind hatte die rote Lilie ein
einschneidendes Erlebnis, welches sie sehr stark verändert hat. Durch dieses
Erlebnis trennte sie sich früh von ihrem Elternhaus und wuchs wahrscheinlich in
Einsamkeit auf. Sie scheint seit dem auch nie wieder jemanden wirklich vertraut
zu haben. Mich würde an der Stelle allerdings schon interessieren, wie es ihren
Eltern heute geht und ob diese das Erlebnis bereits verarbeitet haben. Wie
würden sie wohl reagieren, wenn zumindest eine der beiden Töchter wieder vor
ihnen auftauchen würde? Man weiß es nicht und kann darüber nur Mutmaßungen
anstellen.
Wie bereits oben erwähnt, schafft es der
Fremde ihre Maske zu knacken und zeigt ihr auf, dass sie sich seit damals
selbst vergessen hat. Sie lässt es zu, dass dieses Erlebnis zu sehr ihr Leben
bestimmt. Ich verrate an der Stelle bewusst nicht welches Erlebnis, da ich es
als wichtig empfinde, ohne dieses Wissen einzusteigen. Ich befürchte nämlich,
hätte ich vorher gewusst, was sie erlebt hat, dass ich die Story gleich zu
Beginn anders aufgefasst hätte. Wie dem auch sei, der roten Lilie wird klar,
dass ihr Schmerz zwar vermutlich nie verheilen wird, aber das Leben dennoch
weiter geht. Sie muss wieder nach vorne sehen, gerade um des Erlebnisses
willen. Heißt ja schließlich nicht, dass sie deswegen gezwungen wird es zu
vergessen.
Ehrlich gesagt könnte ich an der Stelle noch
stundenlang darüber nachdenken und versuchen ihren Charakter zu ergründen.
Klar, man erfährt, wieso ihre gegenwärtige Person so ist, wie sie ist, aber
dennoch gibt es jede Menge Spielraum. Gerade Charaktere mit einschneidenden
Erlebnissen sind oftmals sehr vielschichtig. Ein Teil dieser Vielschichtigkeit
sorgt für eine leichte Identifizierung mit dem Charakter selbst. Man beginnt zu
überlegen, wie man sich selbst verhalten hätte, wie man es selbst verarbeitet
hätte – schlichtweg wie es selbst einen verändern könnte.
Ehe ich mich jedoch
zu sehr in solchen Überlegungen verliere, möchte ich noch etwas zu der
Aufmachung des Dojinshis selbst sagen. Das
Cover ist komplett farbig und trägt lediglich den Dojinshititel,
scheinbar zumindest. Der Name der Zeichnerin und der Vermerk für
Selbstverlegung sind ebenfalls enthalten, aber gehen unter. Ich habe sie nur
per Zufall entdeckt und zunächst gedacht es gäbe beides nicht. In Zukunft wäre
es schöner darauf zu achten, dass solche Angaben deutlicher werden, ohne quer
über die ganze Seite zu reichen. Die Rückseite ist ebenfalls verziert und
enthält eine knappe Inhaltsangabe. Die Buchstaben dieser Inhaltsangabe sind alle
großgeschrieben und mit einer weißen Kontur versehen. Ich persönlich finde das
zwar hier passend, aber würde es gerade bei längeren Inhaltsangaben nicht haben
wollen. Es wäre für die Augen dann viel zu anstrengend sich auf 2 „Farben“
konzentrieren zu müssen und keine Pause haben zu können. Ich zumindest kann bei
Groß- und Kleinschreibung eher absetzen und finde mich auch wieder. Zudem wirkt
durchgehend immer ein wenig so, als würde ich angeschrien werden. Ich glaube
nicht, dass das immer beabsichtigt ist.
Der Dojinshi selbst ist in Schwarz / Weiß
gehalten und verzichtet gänzlich auf Licht und Schatten. Beides ist einfach
nicht vorhanden. Obgleich ich das sonst immer bemängel, stört es mich im
vorliegenden Fall gar nicht. Für mich unterstützt es die Story sogar und bringt
die teilweise eingesetzte Rasterung bestens zur Geltung. Zudem fällt mir auf,
dass sich ihre Art Augen zu zeichnen in „Royal Flush“ im Vergleich zu anderen
Werken unterscheidet. Ich sehe diesen Stil als ungezwungener an. Später scheint
die Künstlerin, was das angeht, ihren Stil gefunden zu haben. (Beispielsweise
in „Bärenkind“ oder „Sonnwende“)
Die Panel wurden gut angeordnet und ich kann
der Leserichtung problemlos folgen. Man fängt hier übrigens von hinten an zu
lesen, da der Dojinshi in japanischer Leserichtung angelegt wurde. Zwischen den
Paneln findet der Leser außerdem großflächigere Bilder und teilweise sogar
ganze Seiten mit nur einem Panel. Ich persönlich liebe es, wenn Zeichner damit
spielen und ihr Spiel auch noch verstehen. Eine Seite muss schließlich nicht
immer überfüllt sein.
Im Dojinshi ist eine Zusatzstory namens
„Loves Gone“ enthalten, welche mit der Hauptgeschichte nichts zu tun hat. Eines
fällt allerdings sofort auf, die ersten 3 Seiten der Story unterscheiden sich
vom Betrachtungserlebnis her massiv vom Rest. Ich habe den Eindruck, dass die
Druckqualität hier deutlich schlechter ist. Die Zeichnungen an sich zwar
dennoch allerliebst, aber der Anblick selbst ist kein schöner. Ich weiß nicht,
woran er liegt, aber gebe an der Stelle dennoch den Tipp, dass es besser wäre,
die Qualität durchgehend gleich zu halten. Es ist echt schade, wenn eine Story
darunter leiden muss. Abgesehen davon ist die Kurzgeschichte zuckersüß
gestaltet und lässt mich lächeln. Das Gefühl von geplatzten Dates, der Liebe
selbst und die Schwierigkeiten, die man mit sich selbst hat, kennt wohl so
ziemlich jeder.
Neben dieser Kurzgeschichte bietet „Royal
Flush“ außerdem mehrere Minicomics, die dem Leser einen Einblick in das Leben
der Zeichnerin gewähren. Sie erzählt dort beispielsweise von Umzügen oder davon
wie schwer es ist im Sommer zu arbeiten. Letzteres verstehe ich völlig, denn da
ist im wahrsten Sinne des Wortes jeder Strich zu viel. (Oder aber in meinem
Fall jedes Stückchen Stoff XD.) Die Comics sind einfach gestrickt und
verzichten auf unnötiges Zeugs.
Fazit
Insgesamt kann ich „Royal Flush“ empfehlen. Zwar sollten Punkte wie die Gestaltung der Schrift der Inhaltsangabe oder durchgehende Druckqualität überdacht werden, aber insgesamt dennoch ein sehr rundes Werk. Speziell die Hauptstory mag ich sehr, denn ich liebe es, wenn ich hinterher darüber nachdenken kann. Die Extras sind ebenfalls süß und dürfen sich gern in ähnlicher Variante wiederholen.