Die liebe Renas Bücherleidenschaft hat vor kurzem einen Thementag im Bereich Depressionen geleitet und dafür viele Infos zusammengetragen. Die Bandbreite reichte von Interviews mit Betroffenen über Infos zur Krankheit selbst bis hin zu zahlreichen Buchtipps verschiedener Autoren. Ich hatte die Ehre selbst mit einem Interview dabei sein zu dürfen. Doch wer steckt hinter Rena?
Renas Bücherleidenschaft als Person
Erstmal möchte ich mich ganz herzlich bei dir, liebe Diana, für diese schöne Möglichkeit bedanken.
Also, wer bin ich? Verena oder Rena, manchmal auch Jens 😀 und im besten Fall Königin (die Planung der Weltherrschaft läuft noch) .
Eine 38. jährige, chaotische und leicht durchgeknallte Leseratte, die ohne Kaffee nicht überleben könnte. Außerdem eine leidenschaftliche Sportguckerin, die fluchen kann, dass der Himmel mich wohl später nicht aufnehmen wird 😀 Neben Büchern liebe ich Heavy Metal. Diese Musik belebt mich einfach und ohne geht es definitiv nicht.
Theoretisch habe ich schon lange mit dem Gedanken gespielt einen Buchblog zu „eröffnen“, weil ich Bücher liebe und wahnsinnig gerne darüber spreche.
Ich hab mir immer die vielen wundervollen Bücherblogs angeschaut und gedacht: „Das würde ich auch gerne machen.“, hatte aber lange nicht den Mut dazu. Tja, dann kam das böse C und ich brauchte dringend eine sinnvolle Beschäftigung für mich. Am 29.03.2020 ins kalte Wasser gesprungen. Alles was ich hatte waren meine gekauften Bücher und meine Rezensionen. Also am Ende, ganz nach dem Motto Learning by Doing, und ich lerne nach wie vor.
Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Eindruck von mir vermitteln. Wenn ihr Fragen habt, immer her damit J
Liebe Grüße
Rena
Hallo Diana, vielen Dank, dass du dich gemeldet hast und dieses Interview mit mir führst. Würdest du uns kurz etwas über dich erzählen?
Hm, ich liebe gutes Essen und ausschlafen. Außerdem bin ich gern auf meiner Insel bei Animal Crossing oder versuche Pokemon zu fangen. Beruflich gesehen beschäftige ich mich in meinem Brotjob mit Logos diverser Radio- und TV-Sender, die weltweit senden.
Außerdem bin ich mit meinem kleinen Label Unessbar auf Cons in Deutschland unterwegs. Du findest dort, neben Nähkursen, selbstgenähte Flauschis und Printprodukte – inspiriert von Dangos, Onigiris und putzigen Tierchen.
Ansonsten liebe ich meinen Blog und besuche als Cosplayer verschiedene Conventions.
Unter welcher / welchen psychischen Erkrankungen leidest du?
Ich habe eine rezidivierende, depressive Störung und eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung Typus Borderline. Letzteres habe ich bis heute nicht verstanden und werde es wohl nie. Aktuell merke ich von beiden nichts. 2020 hatte ich einen kleinen Zusammenbruch, da ich nicht wusste wie es dank Corona mit Unessbar weitergehen sollte. Der Verdacht einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion kam auf.
Zum Glück geht es dir aktuell gut. Wie hast du dich an deinen schlimmsten Phasen gefühlt? Kann man das überhaupt in Worte fassen?
Nein, man kann es nicht wirklich in Worte fassen, da es jeder anders empfindet. Die Welt war für mich in solchen Momenten einfach nur ein großer Klumpen. Es gab nur mich und alle anderen. Ich wollte und konnte nichts machen, nicht mal aufstehen oder so simple Sachen wie Post reinholen. Ich hatte weder Ausbildung, noch mein Leben unter Kontrolle. Alles plätscherte vor sich hin und war bedeutungslos.
Es fühlte sich so an, als würden weder Körper noch Geist zu mir gehören. Ich schaute mir quasi selbst zu und funktionierte nur noch. Alles schien ohne jegliche Farbe zu sein, nicht mal ein kleines Tröpfchen zeigte sich. Kurz um: Ich war von mir oder eher von dem ich glaubte das bin ich ganz weit weg.
Viele Betroffene haben Angst vor dem Schritt zum Psychologen und / oder Psychiater. Kannst du diese Menschen mit ein paar Worten ermutigen?
Geht hin und zeigt der Krankheit den Stinkefinger. Ich weiß, dass sowas sehr viel Überwindung kostet. Man muss sich eingestehen nichts mehr auf die Reihe zu kriegen. Allerdings, macht euch bitte eines bewusst: Das was ihr als Schwäche seht, zeugt von Stärke.
Es zeigt, dass ihr euch auf ein neues Abenteuer einlasst und bereit seit den Weg zu gehen. Zugegeben, ihr werdet stolpern und eventuell rückfällig werden, aber macht trotzdem weiter und gebt nicht auf. Die Ärzte helfen euch zu verstehen, zu verarbeiten und in Zukunft damit umgehen zu können.
Du selbst bist den kompletten Weg gegangen… Psychiatrie, Tagesklinik, Psychologe, usw. Was war für die die Schlimmste Zeit?
Hm, das weiß ich gar nicht mehr so genau, da ich vieles irgendwo ins hinterste Viertel meiner Gedanken verbannt habe. Ich erinnere mich allerdings noch gut an die ersten Tage in der Psychiatrie. Ich habe so viel geweint wie schon lange nicht mehr und meine Entscheidung verflucht. Nachträglich betrachtet hätte ich keine bessere Entscheidung treffen können, da mir die Zeit in der offenen Abteilung ermöglichte etwas Land zu sehen.
Der nächste Schock kam nach der Entlassung und mit Beginn der Tagesklinik. Plötzlich hieß es wieder Alltag, umziehen und Struktur wie in der Zeit bevor alles losging. Nach einiger Zeit gewöhnte ich mich allerdings auch daran und hatte den nächsten Bruch erst wieder, als die Tage in der Tagesklinik vorbei waren und die abschließende Therapie beim Psychologen bzw. Psychiater anstand.
Sie brachte einiges zu Tage und half einen weiteren Umzug zu überstehen.
Du siehst, mein Leben war in den Jahren sehr turbulent und verwirrend. Manches davon verstehe ich bis heute nicht.
Lange Zeit musstest du Medikamente nehmen. Kannst du beschreiben, was diese mit dir gemacht haben?
Sie haben mir geholfen mein Leben zu meistern. Sie sorgten dafür, dass ich genügend Antrieb fand, um mich zu bewegen und anfallende Arbeiten zu erledigen. Ich hatte jedoch nie Medikamente, die mich komplett ausschalteten und für eine „Nach mir die Sinnflut Haltung“ sorgten. Meine waren eher wie der morgendliche Kaffee, um in die Gänge zu kommen.
Denn, egal welche Antidepressiva man nimmt, der Körper gewöhnt sich daran. Es ist wie mit Alkohol, Drogen oder allem anderen – der Körper kann nicht mehr darauf verzichten. Antidepressiva sollten, egal welche, nur in Absprache mit einem Psychiater genommen werden.
Viele Menschen haben leider immer noch kein Verständnis für psychische Krankheiten. Hast du diesbezüglich auch schon schlechte Erfahrungen gemacht?
Ich denke schon, dürfte allerdings im Vergleich zu anderen noch glimpflich davon gekommen sein. Ich erinnere mich noch daran belächelt zu werden. Oder an meine jüngste Diskussion in der mir unter anderem vorgeworfen wurde als Betroffene nicht zu wissen was jemand brauche. Man könne Depressionen ja heilen und ich solle doch die Klappe halten.
Ich kann besonders dem Ersten nicht so ganz zustimmen. Sicher, das was mir hilft muss nicht zwangsläufig bei anderen funktionieren, aber im Regelfall wissen Betroffene was auf sie zugeschnitten passt. Ich kann daher durchaus beurteilen was möglicherweise sinnvoll wäre. Ob es die Person annimmt liegt bei jedem selbst.
Depressionen als solche sind nicht heilbar. Leider kann man ihnen immer wieder unterliegen. Eine Therapie hilft allerdings dabei die Anzeichen zu erkennen und rechtzeitig zu handeln. Es bedeutet nicht, dass sie immer über dein gesamtes Leben bestimmen.
Wenn die Menschen in deiner Nähe mit Ablehnung, Unverständnis, etc. reagieren, was macht das mit dir?
Es gibt einem das Gefühl nichts wert zu sein bzw. verstärkt es. Depression ist eine vielfältige Krankheit, die bei jedem anders aussehen kann. Depressiv sein bedeutet nicht nur noch zu heulen oder sich immer zu vergraben. Im Gegenteil, oftmals sieht man den Betroffenen gar nicht an das ihr Leben aus dem Ruder läuft.
Damit wären wir auch schon beim „Problem“ an sich. Für viele sind Depressionen nicht greifbar, weil äußere Merkmale fehlen. Man könnte es mit einem gebrochenen Bein vergleichen. Durch den Gips weiß jeder was los ist.
Dabei vergessen einige, das die Symptome so vielfältig sind wie die Krankheit selbst und zudem bei jedem anders ausfallen können. Ebenso sind psychosomatische Auswüchse möglich, sprich körperliche Symptome ohne das an dem Organ was dran ist.
Jeder Erkrankte verdient Respekt für seinen Kampf und das unabhängig davon wie sich die Krankheit nach außen hin zeigt.
Wie hast du es geschafft, dass du heute medikamentenfrei bist? Was für einen Weg musstest du dafür gehen?
Ich habe mit meiner Psychiaterin gesprochen, da nur ein Psychiater Antidepressiva verschreiben darf. Der Psychologe ist dafür nicht zuständig. Gemeinsam einigten wir uns darauf das Medikament auszuschleichen, da ein kalter Entzug aus gesundheitlichen Gründen nicht empfehlenswert ist.
Wie sah das bei mir aus? Ich habe für 3 Monate die alte und die neue Dosis im Wechsel genommen, anschließend für weitere 3 Monate nur noch die neue Dosis. Besonders aufregend war für mich die letzte Phase aus kleinste Dosis und gar nichts mehr.
Zwischendrin wollte ich einige Male aufgeben, da ich dem Körper etwas entzog was für ihn Lebensgrundlage war. Doch es hat sich gelohnt. Mittlerweile kann ich darauf gut verzichten. Im April dieses Jahr ist es 4 Jahre her.
Gibt es noch etwas, das du zu diesem Thema erzählen möchtest? Oder etwas, was du Betroffenen mit auf dem Weg geben möchtest?
Habt den Mut euch anderen anzuvertrauen und darüber zu sprechen. Die Gesellschaft bezeichnet sich zwar als ach so offen, aber Krankheiten wie Depressionen sind leider immer noch Tabuthemen. Es passt, neben anderen Sachen, nicht in unsere Leistungsgesellschaft. Der Mensch hat zu funktionieren.
Doch wenn mich die Zeit eines geleert hat dann das: Wir sind nicht gleich. Wir sind alle ganz besondere Persönlichkeiten mit eigenen Träumen, Zielen und Wünschen. Der Weg verläuft nicht ganz gerade? Na und! Das ist ok, denn du bist du, egal was andere sagen.